Studieren

Vollzeit- oder Teilzeitstudium – Geld- oder Zweckfrage?

Oft kein leichter Weg ... Im letzten Sprachrohr (Zeitschrift der Studierendenschaft an der FernUniversität in Hagen) habe ich mich mit der Frage »Studieren über 30: Midlifecrisis oder sinnvolle Alternative zu beruflicher Weiterbildung« beschäftigt.

Die vielen Zuschriften darauf haben bestätigt, dass diese Entscheidung – vor allem für Frauen – selten auf uneingeschränkte Akzeptanz, geschweige denn Anerkennung, stößt und wir somit nicht nur einem anspruchsvollen Weiterbildungsprogramm gerecht werden, sondern gleichzeitig noch viel Überzeugungsarbeit leisten (müssen).

Die Beschäftigung mit dieser Thematik hat mich schon seit langem auch zu der Frage geführt, wie das Teilzeitstudenten erleben. Diejenigen, die neben einer Erwerbsarbeit studieren, müssen ja nicht nur mehrere Baustellen möglichst gut unter einen Hut bringen (das müssen auch die Frauen, die neben der Kindererziehung studieren), sondern ihr Vorhaben zusätzlich noch bei Arbeitgeber und Kollegen rechtfertigen.

Ich weiß von vielen Studenten, die deshalb am Arbeitsplatz ihr Studium verheimlichen, weil sie Nachteile daraus befürchten, wenn das bekannt würde. Andere wiederum studieren mit Unterstützung – oder sogar auf Wunsch ihres Arbeitgebers. Dadurch entsteht zusätzlicher Druck, denn nicht nur die eigenen Ansprüche, sondern auch die des Chefs wollen erfüllt werden. Ganz sicher ist auch das »Durchhalten« hier eine noch höhere Anforderung, wenn man weiß, im Fall des Scheiterns oder Aufgebens sind davon nicht »nur« die eigene Zufriedenheit, sondern auch Aufstiegschancen oder unter Umständen sogar der Erhalt des Arbeitsplatzes gefährdet.

Und wie ist das mit den Wünschen und Ansprüchen an das Studium? Kann man dem, gleichzeitig mit einer anspruchsvollen beruflichen Tätigkeit, neben Familie und Privatleben, gerecht werden ohne eines davon zu vernachlässigen? Kann man einem Studium, das doch neue Perspektiven und Blickwinkel ermöglichen soll und vielleicht sogar ganz andere Richtungen und Chancen für neue Wege im Erwerbsleben ermöglichen soll – eben ein »über den Tellerrand hinausblicken« – dann die dafür nötige Offenheit entgegenbringen? Oder wird das Studium dann (bitte wertfrei verstehen – es interessiert mich einfach) zu einer beruflichen Weiterbildung, die lediglich der bisherigen Karriere ein I-Tüpfelchen aufsetzen soll?

Was sind die Hauptbeweggründe für ein Teilzeitstudium? Die bewusste Entscheidung, einen erfüllenden Beruf nicht aufgeben und trotzdem weiterkommen zu wollen? Oder die Tatsache, dass die meisten Erwachsenen es sich schlichtweg nicht leisten könnten, sich über mehrere Jahre aus dem Erwerbsleben zurückzuziehen, um ein Vollzeitstudium zu absolvieren?

Ich persönlich glaube, dass hier zwischen den Ansprüchen unserer Gesellschaft »flexible« und hochqualifizierte Arbeitskräfte zu haben und den tatsächlichen Möglichkeiten, die man dazu, sobald die 25 überschritten sind, noch hat, eine enorme Lücke klafft, die – unter den heutigen demografischen Bedingungen – nicht zu schließen ist, solange hier nicht echte Reformen erfolgen. Ich glaube (das wäre ein interessantes Thema für eine oder sicher auch mehrere Forschungsarbeiten), dass sehr viele Teilzeitstudierende gerne ihrem Studium die »volle Zeit« widmen würden, wenn es ihnen finanziell ermöglicht würde.

Damit bekäme man Menschen, die Bildung nicht nur erwerben, sondern auch an die künftigen Generationen ein ganz anderes Verhältnis zu Bildung weitergeben können, als jemand, der gezwungen ist unter Druck Arbeit und Studium mehr oder auch weniger erfolgreich zu vereinbaren oder vielleicht an diesem Druck scheitert und im schlimmsten Fall dann schlechter dasteht als vorher. Oder aus Angst vor all diesen Risiken ein Studium gar nicht erst aufnimmt, obwohl Interesse und Motivation vorhanden wäre.

Ich würde mich freuen, auch zu diesem Thema Resonanz von Euch – und Antworten auf meine Fragen – zu bekommen.

29 Kommentare

  • Cordula

    Hallo Sabine,
    meine Erfahrung mit einem späteren Studium möchte ich auch noch beisteuern. Ich war Rechtsanwaltsgehilfin mit einem Fachgebiet und hatte das Gefühl, mich langsam aber sicher immer im Kreis zu drehen. Weil mich Wirtschaftsfragen mehr interessierten als Jura habe ich mit über 40 ein BWL-Studium an einer staatlich anerkannten Fernhochschule begonnen. Die Reaktion des Umfeldes: In dem Alter willst du noch studieren??? Das Studium habe ich erfolgreich abgeschlossen und arbeite jetzt noch als freiberufliche an einer Fachschule. In wenigen Tagen werde ich 68 und bin also „hauptberuflich“ Rentnerin. Wie das bei Frauen meines Alters so ist: die Rente ist nicht hoch, aber mit dem Zusatzverdienst leiste ich mir nun ein Philosophie-Studium an der FernUni Hagen. Abgeschlossen habe ich vor kurzem Modul V und freue mich auf die restlichen Module, denn das Studium macht mir wirklich Spaß. Durch mein Erststudium etwas vorsichtig geworden im Hinausposaunen, was ich denn in meiner Freizeit so mache, halte ich mich nun sehr zurück. Denn die erste Frage war natürlich: Was kannst du denn in d e i n e m Alter damit noch anfangen? Also die Frage nach der Verwertbarkeit. Meine Standardantwort: Nichts, es macht mir einfach Freude, meine Gehirnzellen zu bewegen. Manchmal habe ich das Gefühl, unter der Rubrik „Exoten“ eingeordnet zu werden.

    Also mach weiterhin allen Studierenden Mut, die das biblische Alter von 25 Jahren bereits erreicht haben und trotzdem noch studieren wollen. Meine Erfahrung aus dem Erststudium: Es war ein Vollzeitstudium bei einer Halbtagsbeschäftigung, Familie war auch noch vorhanden. Mein Rat an die Neuanfängerinnen: schafft euch Netzwerke, sonst sind solche „Knochenjobs“ nur schwer zu bewältigen. Und wenn das Studium gar nichts bringen sollte – was ich nicht glaube – eines lernt man auf jeden Fall: Gute Organisation. Und das ist ja auch was wert!
    Weiterhin allen „Spätbegabungen“ viel Erfolg, nicht nur beim Studium.
    Viele Grüße
    Cordula

  • Katinka

    Hallo Sabine,

    der Artikel im „Sprachrohr“ hat mich zu diesen Zeilen inspiriert.

    Zunächst möchte ich sagen, dass ich Teilzeit studiere und nebenbei Vollzeit selbstständig bin.
    Nach meinem Abi letztes Jahr (am ILS Hamburg vorbereitet und am Gymnasium meines Sohnes gemacht) wollte ich eigentlich in meinem Fach ein Fachschulstudium machen. Da ich aber im meinem Alter kein Stipendium mehr bekomme, waren mir die ca. 345€ Studiengebühr an der privaten FH dann doch zu teuer. Ich hätte ja neben den Gebühren noch 4 Tage Verdienstausfall moantlich für 3 Jahre kompensieren müssen.- Also hier eindeutige eine Geldfrage!
    Aber…. die Wahl FernUni Hagen war auch eine Zweckfrage. Schließlich soll es eine sinnvolle Horizonterweiterung werden. Da war Psychologie- denke ich- eine gute Wahl. Drücke bitte die Daumen, dass die Modul 1 Prüfung nach all den Diskissionen für mich erfolgreich war!

    Soweit meine persönliche Einstellung zum Studium in Hagen!

    Viele Grüße und weiter nützliche Artikel im „Sprachrohr“

    wünscht

    Katinka

    • Sabine

      Liebe Katinka,

      vielen Dank für Dein Feedback zu meinem Artikel! Es ist wirklich interessant, wie unterschiedlich hier die Einstellungen und Ansichten sind.

      Übrigens sind wir „Leidgenossinnen“ – ich habe auch beim ILS meinen Abi Lehrgang gemacht, allerdings mit Externenabi in Hamburg.

      Die Kostenfrage verstehe ich gut. Ich war 40 bei meinem Abi und da ich gleich im Anschluss das Studium begann, fiel ich in die Gruppe der Ü30 die noch Bafög bekommen – ein Jahr später habe ich dann ein Stipendium bekommen (es gibt ein paar Stiftungen, wo das auch in unserem Alter geht!!! Allerdings leider immer noch die Ausnahmen). Ich studiere also Vollzeit, muss mich ganz schön einschränken und dennoch ein bisschen dazu verdienen (München …) aber ich wollte es auf keinen Fall mehr anders haben.

      Und „Zweckfrage“ meinte ich auch anders – Studium als Mittel zum Zweck „akademisches i-Tüpfelchen“ auf bisheriger Karriere. Insoweit fällst Du für mich durchaus in die Kategorie die meine These stützt, dass viele gerne ihre volle Zeit dem Studium und neuen Chancen und Horizonterweiterung widmen würden, wenn es denn finanziell möglich wäre, auch ohne komplett unter bisherige Verhältnisse zu fallen. Man kann von einem Erwachsenen nicht erwarten, seinen Standard wieder auf WG-Niveau für Jahre zu senken – finde ich jedenfalls

      • Katinka

        Liebe Sabine,

        also ich war bei meinem Abi schon 47. Das mit den Aufbaustipendien kenne ich. Ich war auch in der engeren Wahl, bin aber dann nicht zum Gespräch nach München gefahren. Es hätte die Kosten für das Studium an der privaten FH nicht hinten oder vorn gedeckt. Man muss ja bedecken, dass bei einem berufsbegleitenden Studium im Monat ca. 4- 6 Studientage anfallen. Das bedeutet, dass man auch eine Bleibe, Verpflegung und Bücher braucht, in dieser Zeit aber nichts einnimmt (jedenfalls in meinem Fall als Selbstständige). Da war die FernUni schon eine echte Alternative. Auch in punkto Horizonterweiterung .

        Viele Grüße

        Katinka

  • Klaus

    Guten Abend Frau Siemsen,

    mit Interesse – weil mich ja irgendwie betreffend – habe ich Ihren Artikel in o.g. Magazin gelesen und beschlossen, Ihnen darauf zu antworten.

    Ich beginne zum WS diesen Jahres ( als Probestudent ) ein Studium an der FernUni Hagen … dies tue ich im Teilzeitverfahren.

    Nun, warum Teilzeit? Das ist eine der Fragen, die Sie in Ihrem Artikel aufwerfen. Und ich antworte eben mit dem Grund, den Sie mit einer zweiten Frage praktisch hinterher warfen – aus pekuniären Gründen.
    Ich kann es mir mit meinen 30 Jahren und einem eigenen Hausstand einfach nicht mehr leisten ( vielleicht will ich es aber auch einfach nicht, wer weiss ) , mich aus meinem Beruf weitgehend zu entfernen, um in Vollzeit ein Studium zu absolvieren.

    Ich arbeite seit knapp 10 Jahren als Krankenpfleger und habe beschlossen, dies nicht bis zu meiner ( hoffentlich noch irgendwann ausbezahlten ) Rente zu tun – und da blieb an sich nur die Weiterqualifikation / Neuorientierung via (Fach-)Hochschulstudium.

    Nach erfolgreich nachgemachter FH-Reife ( in Vollzeit, war auch nicht einfach finanziell ) stellte sich allerdings immer die gleiche Frage
    – wie finanziere ich diese berufliche Kursänderung?

    Bafög? -> zu alt

    KfW-Kredit? -> zu alt

    Und da mein Arbeitgeber nicht bereit war, mir mit den Arbeitszeiten entsprechend entgegenzukommen ( ich hätte es auf mich genommen, jedes
    (!) WE zu arbeiten ) war mir ein Vollzeitstudium ( und ich hatte all meine Wunschstudienplätze zum WS sicher *grml* ) leider verwehrt.

    Auf die Frage, was man sich evtl. mit diesem Studium erhofft …. nun ja, eine berufliche Weiterentwicklung respektive u.U. eine Neuorientierung in Richtung des Studieninhaltes – dafür halte ich mich noch nicht für zu alt – wie das die Personaler später sehen werden, nun ja, DAS kann ich natürlich nicht sagen … ebenso wenig, wie erfolgreich ich eine 100%-Stelle und 2 Module pro Semester unter einen Hut bringen werde die kommenden x Semester.

    Ich hoffe, ich konnte Ihnen im Hinblick auf Ihre Fragen im Artikel ein wenig helfen, würde mich über eine Antwort freuen und verbleibe,

    mit freundlichem Gruss

    Klaus

  • Sven

    Hallo Sabine,

    wie Du Dich sicherlich erinnerst, hab ich Dir damals meine Beweggründe ausführlich per Mail geschildert. Da es aber vielleicht auch den einen oder anderen hier interessiert, zitier ich mich der Einfachheit halber aus damaligem Schreiben einfach selbst:

    >>Da im Artikel auch noch eine vorangegangene Frage nach Gründen des begonnen Studiums erwähnt wurde, möchte ich das für meinen Fall mal in eine gemeinsame Darstellung packen, um den Gesamtkontext zu verdeutlichen.

    Ich werde im Dezember 39 Jahre alt und bin seit dem Wintersemester 2009 in Teilzeit in den Studiengang „B.A. Politik- und Verwaltungswissenschaft“ eingeschrieben. Gründe und Auslöser für diese Entscheidung sind zwei verschiedene Paar Schuhe, deshalb muss ich wohl oder übel etwas ausholen.

    Ich bin in der DDR aufgewachsen und habe von 1988 bis 1991 eine nicht allzu häufig verbreitete Sonderform des ostdeutschen Ausbildungsweges durchlaufen:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Berufsausbildung_mit_Abitur

    Wie die Jahreszahlen belegen, fiel diese Lehre in die wohl turbulenteste Zeit, die eine ostdeutsche Vita so hergeben kann. Man fing also mit einem vorgezeichneten weiteren Lebensweg (Lehre, Wehrdienst, Studium, Rückkehr bis zur Rente in den Ausbildungsbetrieb) an und beendete das in totalem Chaos, da nicht nur der Staat verschwunden war, sondern sich auch der drei Ausbildungsplätze bereitstellende lokale Betrieb des Elektronikkombinats Robotron ( http://de.wikipedia.org/wiki/Kombinat_Robotron ) in der Abwicklung befand. Diese völlige Orientierungslosigkeit übertrug sich damals nicht nur auf mein Leben, sondern auch auf viele meiner damaligen Mitschüler. Ich bin also nicht der Einzige aus meiner Lehrklasse, der lieber die neue Welt entdecken wollte, als weitere Jahre die Schul- bzw. Hörsaalbank zu drücken. Und so kommt es, dass ich bei (Lehr)Klassentreffen völlig unterschiedliche Lebensentwürfe wahrnehme. Da sind diejenigen, die bei einem relativ simplen, anderen, Beruf gelandet sind (Reisebüro o.ä.) und dann die allen Widrigkeiten zum Trotz Hochqualifizierten. Zwei haben es sogar ins renommierte Fraunhofer-Institut geschafft.

    Ich selbst bin nach einer Umschulung zum Hotelfachmann (solche völlig branchenfremden Ausbildungen wurden Anfang der 90er im Osten problemlos verteilt, Hauptsache, raus mit den Leuten aus der Arbeitslosen-Statistik!), meinem Wehrdienst und nach mehreren Jahren als Selbstständiger in der Gastronomie im Jahr 2000 wieder in meinen alten Beruf in der Elektronikbranche zurückgekehrt und arbeite kurioserweise seit damals in exakt jenem Gelände, auf dem sich mein DDR-Ausbildungsebtrieb befand. So schließt sich der Kreis…

    Ich habe im Rückblick die 90er stets als mein persönlich „verlorenes“ Jahrzehnt betrachtet und mich von Zeit zu Zeit immer wieder geärgert, nie etwas aus meinem Abitur gemacht zu haben. Gerade wenn im Job durch Stress oder Ärger mit den Kollegen/Vorgesetzten die Stimmung und Motivation in den Keller ging, kam es dazu, zumal ich zwar für hiesige Verhältnisse ordentliches Geld verdiene, ich mich aber geistig eher unterfordert fühle und meine persönlichen Interessen schon seit vielen Jahren in ganz anderen Themenbereichen liegen. Trotzdem muss ich einem meiner Kollegen für den endgültigen Anstoß zum Studium dankbar sein. Denn als ich ihn ständig Unterlagen wälzen sah und ihn darauf ansprach, teilte er mir mit, dass er sein Abitur nachzumachen gedenke. Ich saß dann ein paar Tage mit mir ringend herum („Willst Du das wirklich?“ „Kannst Du das nach so vielen Jahren überhaupt schaffen?“) und schrieb mich dann schlußendlich in Hagen für den mir am meisten zusagenden Studiengang ein.

    Eines war von vornherein klar: Vollzeit ist nicht drin. Ich bin Vater eines dreijährigen Sohnes und man hat sich einen gewissen Lebensstandard erarbeitet. Da das Einkommen auf Null herunterzufahren, um das Studium mit voller Kraft zu absolvieren, stand also trotz voll berufstätiger Ehefrau nie zur Diskussion. Es genügte schon, Dispute mit Göttergattin, Eltern, Freunden und eingeweihten Kollegen zu führen. Gerade in der Anfangszeit hatte ich das Gefühl, dass mich in meinem Vorhaben keiner so richtig ernst nahm und auch heute würde ich mir durchaus gelegentlich etwas mehr moralische Unterstützung wünschen. Ich möchte keine ständigen Schulterklopfer, aber als mit einem „volljährigen“ Abitur in der Tasche nach dem ersten Semester die abschließende Hausarbeit mit einer „A“-Bewertung ins Haus flatterte, war ich verdammt noch mal stolz auf mich!

    Abschließend noch ein Wort zur Zukunft. Momentan verfolge ich mein Studium ausschließlich nach dem Motto „Der Weg ist das Ziel“. Ich ziehe in Betracht, mich bei einem erfolgreichen Abschluß diesbezüglich beruflich zu verändern, ich versteife mich aber nicht darauf, um mich nicht unnötig unter Druck zu setzen. Denn ich sehe die Lage eher nüchtern: Wartet die (Arbeits)Welt wirklich auf einen sozialwissenschaftlichen „Jung“akademiker von Mitte Vierzig ohne jegliche Berufserfahrung? Ich verringere also die eventuelle Fallhöhe der Ernüchterung ganz einfach dadurch, dass ich meine Erwartungen nicht zu hoch schraube. Ich habe meine berufliche Basis, die ich dank eines 3-Schicht-Systems bisher vernünftig mit Familie und Studium kombinieren konnte, alles andere ist die Erarbeitung neuer Chancen und Perspektiven, (noch) nicht mehr und nicht weniger. Natürlich würde ich auch zur Vollzeit wechseln, wenn ich finanziell abgesichert wäre, aber das ist derzeit einfach nicht der Stand der Dinge.<<

    Dazu ergänzend die Anmerkung, dass ich nach wie vor gerne Vollzeit machen würde, ich aber keine Möglichkeit sehe, mein Monatseinkommen adäquat zu ersetzen. Was nützen mir Stipendien in Höhe von ein paar Hundert Euro, wenn ich einen Verdienstausfall in vierstelliger Höhe ausgleichen muss? Ich bin also gezwungen diesen Weg auf diese Art und Weise weiterzugehen und nachdem ich auch meine erste Klausur mit einem "A" geschafft habe, scheint dies auch eine vernünftige Lösung zu sein.

    Alles Gute Euch dort draußen,
    Sven

  • Inge

    Guten Tag,

    ich habe mich entschlossen, Ihnen auf Ihren interessanten Artikel zu antworten und meine Erfahrungen und Erlebnisse als Mutter, Vollzeitbeschäftigte und Teilzeitstudentin mitzuteilen.

    Nach meiner Ausbildung (Start mit 16) wurde ich vom Unternehmen übernommen und bin mehr oder weniger bis jetzt dort tätig, wenn auch in diversen verbundenen Unternehmen bzw. jetzt in einem ausgelagerten Betriebsteil mit eigenständiger Firma.

    Ich habe schon immer mehr oder weniger Weiterbildung betrieben, sei es durch Volkshochschulkurse (Sprachen) oder später dann Nachholung der Fachhochschulreife per Telekolleg. Zwischendurch habe ich auch beruflich neue Aspekte gesetzt: Weiterbildung als Sekretärin, Fremdsprachenkorrespondentin und Managementassistentin.

    2003 habe ich mich dann bei der FernUni eingeschrieben als Teilzeitstudent WiWi. Seitdem läuft mein Studium. Jetzt liege ich sozusagen in den letzten Zügen. Ich habe (überraschenderweise) eine Seminarzusage erhalten und bin dabei, die Seminararbeit zu erstellen. Mit dem SS11 hoffe ich dann, mit der Diplomarbeit auch das Studium erfolgreich abschließen zu können.

    Soweit der Rahmenhintergrund zu meiner Person. Jetzt meine Erfahrungen mit meiner Umwelt – Partner, Beruf, Freunde.

    Während mein Studium (bzw. schon immer meine Weiterbildungsbestrebungen) von meinen Freunden sehr positiv aufgenommen wurden und ich auch immer wieder motiviert, bestätigt und fast schon gedrängt wurde weiterzumachen, gab und gibt es privat immense Probleme. Ich bekomme ständig Vorwürfe zu hören, ich sei total egoistisch, nur mein Studium sei mir wichtig usw. Das ist natürlich nicht so schön.

    Im Büro habe ich mein Studium lange geheimgehalten, weil ich nicht wollte, dass ständig jemand fragt, „na, wie läuft’s denn“, nur um dann zu hören, wenn ich mal eine kleine Krise habe, – siehst Du, hab ich ja gleich gesagt/schon immer gewusst. Erst mit dem Wechsel zur letzten Position habe ich das dann offen gesagt, weil ich auch mehr Zeit für die Klausurvorbereitungen gebraucht habe (und noch brauche). Seitdem ist es wie schon oben beschrieben, jeder kommt ständig an und fragt. Und es nützt mir natürlich auch überhaupt nichts, wenn die Kollegen dann fragen „wie machst Du das nur, ich könnte das nicht“. Ich sage dann immer, weiß ich auch nicht, meine Brötchen, die ich backe, sind halt winzig klein – sprich, die Meilensteine sind jeweils sehr niedrig gesetzt. Aber irgendwann ist der Korb dann auch mal voll und ich fertig. Mehr als eine Klausur habe ich je Semester eh nicht schreiben können und von guten Noten habe ich mich sehr, sehr schnell verabschiedet. Ich arbeite nur auf Bestehen. Mehr ist nicht drin. Das hat nichts mit geringem Anspruch zu tun, aber die Situation ist nun mal so und ich will ja auch tatsächlich irgendwann mal fertigwerden (der Silberstreif am Horizont wird größer). Geholfen haben mir Kolleginnen, die ebenfalls studieren. Somit hatte ich da wenigstens persönliche Austauschbeziehungen.

    In Bezug auf den zeitlichen Aspekt kann ich nur sagen, bei mir kam mal von irgendwoher an, dass ein Studium an der FernUni 10 Jahre dauert. Von daher habe ich mir von vornherein keine Illusion gemacht, es schneller zu schaffen. Da ich ja Vollzeit berufstätig bin (35 Stunden) ist das Zeitbudget eh äußerst knapp. Und der Tag hat ja auch nur 24 Stunden. Also da geht nicht wirklich viel. Aufzuhören, um Vollzeit zu studieren ist keinesfalls möglich, da ich nicht verheiratet bin und sonst kein eigenes Einkommen hätte. Außerdem haben wir eine Wohnung gekauft, die sich nicht von alleine abbezahlt. Der finanzielle Aspekt ist eher dahingehend zu arbeiten und eben nebenbei das Studium „so plätschern“ zu lassen. Ich weiß, es gibt einige, die sehr schnell durchs Studium huschen, das geht bei mir nicht. Und BaFög ist da keine Alternative für mich (habe ich nie in Erwägung gezogen). Trotz allem ist die FernUni eine ausgezeichnete Möglichkeit, einen anerkannten Abschluss zu erlangen und das eben ohne den Beruf aufzugeben. Wie schon gesagt, der zeitliche Aspekt muss halt berücksichtigt werden – zumindest bei mir ist das so.

    Was ich noch positiv hervorheben möchte, ist das Engagement meines Studienzentrums. Dort gibt es (glücklicherweise) viele Mentorenkurse und ich habe jeweils diese für mein Fach besucht. Die Lehrkräfte waren zwar sehr unterschiedlich von der Leistung her – von ausgezeichnet und erfahren und hilfreich für die Klausur bis na ja, der will wohl doch nur ein Zubrot verdienen – aber das so viel unterschiedlich immer wieder angeboten wird und auch auf Wünsche der Studenten eingegangen wird, finde ich sehr lobenswert.

    Von den neuen Medien der FernUni (Moodle) bin ich auch überzeugt, auch wenn es da noch Entwicklungspotenzial gibt. Ich habe DLM und Controlling belegt und da gibt es doch sehr gute Hilfestellungen, insbesondere zum Verständnis des Inhalts.
    Auch andere Plattformen wie „studienservice“ nutze ich und tausche mich dort aus. Das ist zumindest hilfreich, wenn man mal „ein Brett vor dem Kopf hat“ oder allgemeine Dinge fragt, die zwar irgendwo stehen, jedoch im riesigen Datenwust auf der WiWi-page doch nicht mal eben so schnell zu finden sind.

    Insgesamt sage ich, dass sich mein Studium auf jeden Fall gelohnt hat. Ich habe unglaublich viel gelernt, auch wenn ich manchmal unsicher bin, ob ich das jemals wieder gebrauchen kann. Aber alleine die Methodenkompetenz ist mir besonders wichtig. Ob ich es jedoch nochmal machen würde, kann ich nicht sagen. Vielleicht schon sehr viel früher. Ich bin jetzt 44 Jahre alt, meine Tochter 9 und ich habe schon oft das Gefühl, dass sie zu kurz kommt. Auf der anderen Seite versuche ich, mein Lernen auf den späten Abend zu legen, so dass sie nicht das Gefühl hat, ich würde sie total vernachlässigen. Irgendwie ist es immer ein Spagat, wieviel ist richtig. Im Zweifel steht das Studium hintenan und mein Kind kommt zuerst. Alles unter einen Hut zu bringen, erfordert ausgesprochen großes Organisationstalent.

    Daneben versuche ich, auch noch ein Leben außerhalb dieses Spektrums zu führen. Freundschaften wollen gepflegt sein und erhalten sich nicht von selbst. So plane ich viele Telefonate ein, verabrede mich mit Freunden und gehe auch mal weg. Soziale Kontakte außerhalb Beruf und Studium sind mir wichtig, um mal von allem abzuschalten. Ich würde mich schon als sehr kommunikativ bezeichnen und auch unternehmungslustig, allerdings gezielt und in Maßen.

    Auch in meiner Verwandtschaft herrscht eher Ablehnung vor. Warum machst Du das – höre ich ganz oft. Wozu tust Du Dir das an. Denk lieber an Dein Kind. Da ist es manchmal ganz schwer gegen anzukommen. Was ich mir wünschen würde, wäre mehr Verständnis auch von meinem Partner. Es ist ja nicht so, dass ich nur noch für mein Studium da bin. Aber was ich so alles nebenbei mache, kriegt er gar nicht mit. Z. B. bin ich jetzt Elternsprecher meiner Klasse, weil sich letztes Schuljahr niemand gefunden hat und ich das sehr schade fand, weil ich denke, dass der Kontakt zwischen Eltern und Lehrer bzw. Schulleitung sehr wichtig ist (nicht nur aus Erfahrungs-/Informationsaustauschsicht).

    Oft fühle ich mich schon allein und unverstanden und hoffte, auch mal eine Anerkennung zu bekommen. Wenn ich dann mal versuche, mit meinem Partner zu reden, kriege ich nur zu hören, ja, Du mit Deinem Studium, ich bewundere das, ich könnte das nicht. Das war dann schon alles. Wenn jemand nach meinem Hobby fragt, sage ich immer, mein Studium ist mein Hobby. Andere kraxeln in den Bergen herum oder fahren Schi, ich studiere. Und ehrlich gesagt, dass macht mir auch am meisten Spaß! Ja, es ist anstrengend und sehr zeitaufwendig, aber ich mache es für mich – für mich ganz alleine. Eine Tante meines Partners hat schon gefragt, Inge – was machst Du denn nachdem Du fertig bist? Ich muss dann immer schmunzeln.

    So, jetzt noch ein Gedanke zur beruflichen Sicht. Meine Firma ist der Meinung, dass sie an mir riesig Geld sparen kann und hat mich deshalb in Kurzarbeit geschickt – Kurzarbeit Null. D. h. ich arbeite überhaupt nicht, bekomme aber einen Teil meines Gehalts. Das soll jetzt noch das ganze kommende Semester so gehen und danach, keine Ahnung, wie es dann weitergeht. Also, ich denke mir das so, ich werde jetzt ganz schnell mit dem Studium fertig und suche mir dann eine neue Arbeit. Von daher wäre es prima, wenn ich mit der Diplomarbeit tatsächlich SS11 starten könnte. Kollegen meinten schon, wenn ich dann mal eine neue Arbeit suche. An meinem Wohnort ist das Leben teuer, allerdings tut sich wenn überhaupt, dann sicherlich hier was auf dem Arbeitsmarkt. Und wer mir vorwirft, ich sei mein Leben lang ja nur bei einer Firma gewesen, der hat meinen Lebenslauf nicht richtig gelesen. Denn wer sich räumlich bewegt (habe ich – diverse Bundesländer/Städte) und auch noch bereichsmäßig und dann noch ein breit gefächertes Angebot an Erfahrungen in diversen Positionen hat (von Sekretärin, über Vertriebskraft hin zu Projektmanager und Controller), außerdem studiert hat, ein Kind großzieht – das kann keine Lusche sein.

    Wie so oft im Leben, alles hat Vor- und Nachteile. Ich denke, mit meinem Studium habe ich mich persönlich sehr viel weiterentwickelt, ich sehe sehr positiv in die Zukunft und ich habe schon so viel gestemmt, den Rest schaffe ich auch noch. Der Wermutstropfen ist die mangelnde Unterstützung und das fehlende Verständnis meines Partners.

    Ich wünsche Ihnen, dass Sie noch ganz viele Zuschriften bekommen und sich ein genaueres Bild davon machen können, wie ein Teilzeitstudent lebt und was er für Erfahrungen gemacht hat und wo ihn der Schuh drückt.

    In diesem Sinne viele Grüße

    Inge

  • Katrin

    Liebe Sabine,
    der Artikel „Vollzeit- oder Teilzeitstudium – Geld- oder Zweckfrage“ ist so vollgespickt mit Fragen, dass man gar nicht weiß, wo man mit Antworten anfangen soll. So versuche ich einfach Stellung zu nehmen, in der Hoffnung, dass sich damit etwas in deinem Sinne anfangen lässt:
    Kurz zu meiner Person: bin 49 Jahre alt, 24 Jahre verheiratet, 3 Kinder (zwischen Teeny und grade vollährig), gelernte Industriekauffrau, nach 20 Jahren Berufstätigkeit – teils voll-, teils teilzeit, nebenbei Abendgymnasium und Abi – seit über 10 Jahren aus dem Beruf, weil wir – bedingt durch den Beruf meines Mannes – seitdem in der Pampa leben, ohne jegliche Familienanbindung (sprich Omas und Opas) und somit die Ausübung meines Berufes ohnehin schwierig geworden wäre, dazu kommt, dass es hier vor 13 Jahren so gut wie keine Kinderbetreuungsmöglichkeiten gab (einzige Alternative wäre eine Tagesmutter gewesen, die zu finanzieren dann eben meinen „Verdienst“ aufgefressen hätte) und Stellen hier a)superrar b) mitunter locker 60 km entfernt bei mehr als bescheidener Infrastruktur (ein 2. Auto hätte hergemusst) und c) oftmals diese raren Stellen mehr oder weniger vererbt werden. Also Bedingungen, wie ich sie mir als geborener Großstadtmensch nicht in meinen kühnsten Träumen hätte vorstellen können.

    Nachdem die Kinder im vergangenen Jahr halbwegs groß waren und leider auch mein Vater, der in den Jahren nach dem Tod meiner Mutter halb hier, halb in seiner Wohnung mitzuversorgen war, plötzlich verstarb, nahm ich im vergangenen Jahr ein Teilzeitstudium an der Fernuni auf (Soziologie Bachelor). Teilzeit aus folgenden Gründen: a) aufgrund des doch sehr über 30 fortgeschrittenen Alters wusste ich gar nicht, ob das mit dem Lernpensum überhaupt für mich zu schaffen war, b) die Kinder benötigen mich doch schon noch sehr, mein Mann ist beruflich dermaßen eingespannt, dass es schon als Erfolg zu werten ist, wenn er sich selbst ein Glas aus dem Schrank nimmt, ein sehr schöner Freundeskreis ist zu pflegen und das ein oder andere Ehrenamt ist auszufüllen, wenn man auf dem Dorf lebt, um als Zugereister wenigstens etwas Anbindung und Akzeptanz zu finden und c) hängt mit b) eng zusammen, wollte ich durch das Studium ja meine/unsere Lebensqualität verbessern und nicht verschlechtern – für ein Vollzeitstudium hätten wir alle sehr zurückstecken müssen. So gesehen kann man sagen, Teilzeitstudium war für mich eine Zweckfrage. Sonst hätte ich meine Familie und unser Sozialleben abschaffen müssen – sich sozusagen halbtags freizuschaufeln ist möglich (fast alle Ehrenämter sind abgeschafft bzw. gekürzt und in Haus und Garten werden – vor allem vor einer Klausur – mitunter 3 Augen zugedrückt). Familie, beste und enge Freunde unterstützen mein Vorhaben insofern als das mir alle sehr viel Mut zusprechen und ich große Akzeptanz für mein Vorhaben finde, obschon ich doch Mitte 50 sein werde, sofern der glatte Durchmarsch geschafft wird. Finanziell bin ich insofern gut gestellt, als das der Verdienst meines Mannes ausreicht, fühle mich aber daher auch gehalten den Laden zuhause wirklich in voller Verantwortung allein zu schmeißen (das ist eben mein Job!) und so preiswert zu managen, dass wir mit dem einen Verdienst auch auskommen.
    Warum tut man sich das überhaupt an, wenn man eine eher schlechte Aussicht hat, mit Mitte 50 im Fach seiner Wahl einen Job zu bekommen? Ein Studium war immer mein Traum, bin halt nur bis jetzt noch nicht dazu gekommen. Erst haben wir das Studium meines Mannes finanzieren müssen (damals gab es Bafög nur als Volldarlehn und da haben wir natürlich geschaut, dass wir möglichst ohne über die Runden kamen, dann wollten wir Kinder und mein Mann war nach dem Studium 2 Jahre arbeitslos, so dass ich weitergearbeitet habe, dann sind wir eben in diese Pampa gezogen wo zunächst außer Familie gar nichts mehr für mich ging, dann wurde meine Mutter sehr krank, dann war mein Vater mitzuversorgen (über 250km-Entfernung nicht immer ganz so easy) und dann öffnete sich plötzlich ein kleines Zeitfenster und mein Mann sagte, als ich überlegte, einen kleinen Job anzunehmen: „Mach doch das, was du immer schon wolltest!“ Ja, und Fernuni war dann d i e Alternative, weil das von zuhause aus geht. Wenn es denn mit der Stelle nachher nicht klappt, fahre ich doch noch Brötchen rum – da werden immer Leute gesucht oder helfe beim Bäcker im Verkauf oder beim Partyservice Schnittchen belegen oder Salate machen. Teilzeitstudium ist also eine Möglichkeit für mich ein Stückchen Lebenstraum sozialverträglich zu leben, Lebensfreude im späten Mittelalter, ein Fünkchen Hoffnung, es noch einmal in irgendein Berufsleben zu schaffen – es freut mich, dass die, die mir wichtig sind, mein Bemühen unterstützen; was die sogenannte „Gesellschaft“ dazu denkt und sagt (zu alt, unrealistisch, nicht ganz gescheit…) ist mir ehrlich gesagt wurscht und das sollte auch den anderen Teilzeitstudenten wurscht sein – auch wenn sie scheitern (was ich keinem wünsche), sie haben es wenigstens versucht und nur Versuch macht klug!!!

    Mit lieben Grüßen
    Katrin

  • Ramona

    Hallo Frau Siemsen,

    ich möchte gern von meinen Erfahrungen zum Thema berichten.
    Ich komme aus der ehemaligen DDR. Dort habe ich die Lehrausbildung zur Blumenbinderin (Floristin) und das Fachschulstudium zum Freundschaftspionierleiter mit Lehrbefähigung abgeschlossen.
    1990 sind wir nach NRW gezogen. Hier wurde ich zunächst als ungelernte Kraft behandelt. Nach verschiedenen Auflagen, die ich durch die Landesregierung erfüllen musste, konnte ich schließlich die staatliche Anerkennung zur Erzieherin erwerben.
    Von 1994 bis 2006 arbeitete ich zunächst als Fachkraft und anschließend als Einrichtungsleitung in einem Schulkinderhaus (Hort). Mit Einführung des „offenen Ganztages“ wurden die Horte geschlossen. Ich fand einen neuen Wirkungskreis im Fachbereich „Arbeit und Qualifizierung“ als sozialpädagogische Begleitung in unterschiedlichen Projekten. Die Arbeit machte mir viel Spass und mein Chef war zufrieden. In verschiedenen Audits durch den TÜV und bei der Überprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit konnte ich meine gute Arbeit nachweisen.
    Dann wurden Zusagen für Projekte weniger. Mein Chef suchte nach Möglichkeiten, Personalkosten einzusparen. Somit wurde meine Vollzeitstelle auf eine halbe Stelle gekürzt. Wenn ich dieser Kürzung nicht zugestimmt hätte, sollte ich den Fachbereich verlassen. Zwischenzeitlich wurde ich immer wieder für Vertretungssituationen herangezogen. Dabei entstand immer sehr viel Mehrarbeit.
    Die Projektsituation wurde nicht besser und mein Chef teilte mir erstmalig 2007 mit, dass ich ohne abgeschlossenes Studium im Fachbereich keine Zukunft hätte. Im Gespräch erklärte ich, dass ich aufgrund persönlicher Investitionen auf eine Vollzeitstelle angewiesen wäre. Hierbei sah er kein Problem, da er selbst auch Vollzeit gearbeitet hatte und nebenher studierte. Er hat dann einfach die Arbeit früher verlassen.

    Die Bewerbung für ein Studium erwies sich als sehr schwierig. Ich hatte leider nur eine Anerkennung der Hochschulreife für Berlin und Brandenburg. Somit bewarb ich mich für ein Fernstudium an der Fachhochschule in Potsdam. Leider erhielt ich keinen Platz. Verzweifelt reichte ich nochmals meine Unterlagen in Arnsberg zur Überprüfung der Anerkennung meiner Hochschulreife ein. Nach wenigen Tagen erhielt ich einen Anruf. Mir wurde mitgeteilt, dass meine Unterlagen genauer kontrolliert wurden und man feststellte, dass mir sogar die Anerkennung der fachgebundenen Hochschulreife zustehen würde. Dies könnte jedoch nur Düsseldorf ausstellen. Schließlich erhielt ich das Dokument und konnte mich nun an der Fernuni – Hagen bewerben.
    Freudestrahlend überreichte ich meinem Chef die Bestätigung der Einschreibung. Er nahm dies zur Kenntnis. Ich war zunächst als Vollzeitstudierende eingeschrieben, da ich ja an Unterstützung von meinem Arbeitgeber glaubte. Hier irrte ich. Irgendwelche Zugeständnisse zur Unterstützung wurden nicht erbracht. Ich finanziere das Studium selbst und nutze meine Freizeit oder Urlaub dafür. Und immer wenn ich Ansprüche geltend machen will (Z.B. Stundenerhöhung oder tarifrechtliche Eingruppierung) wird das mit der Begründung abgelehnt, dass ich kein Studium nachweisen kann. Meine Stunden wurden immer wieder gekürzt, jedoch blieb der Umfang meiner Arbeitsaufträge gleich oder erhöhte sich sogar.
    Da ich gleich im ersten Semester bemerkte, wie schwer mir das Studium fällt, habe ich mich schließlich auf Teilzeit umentschieden. Dies macht mein Chef mir zum Vorwurf. Ich hätte ihm diese Entscheidung mitteilen müssen. Ich verstehe nur nicht wieso, da das Studium ja schließlich mein Privatvergnügen ist.
    Im Sommersemester 2010 musste ich mich nun einer Bandscheiben – OP unterziehen. Trotzdem schaffte ich es, durch viel Unterstützung von meiner Lerngruppe, die Hausarbeit für 2B und die Prüfung in 1d abzuschließen.
    Bis zum 18.10.2010 hatte ich mit Reha und Wiedereingliederung zu tun. Leider ist meine Arbeitssituation nicht besser geworden. Ich benötige dringend eine Stundenaufstockung auf mindestens 35 Stunden. Da es mal wieder schlecht im Fachbereich aussieht, liege ich im Streit mit meinem Arbeitgeber. Er drückt meine Stunden auf 19,5 h für ein Projekt, in dem ich vorher 25 h hatte. Ich soll trotzdem 10 Teilnehmer betreuen.
    Die restlichen Stunden soll ich dann im „offenen Ganztag“ ableisten. Ich bin ja nur Erzieherin und daher auch dort einsetzbar. Eine schriftliche Klärung ist bisher nicht erfolgt.

    Ich wünschte, ich könnte unbeschwert das Studium (egal ob Vollzeit oder Teilzeit) absolvieren und hätte jegliche Unterstützung durch meinen Arbeitgeber.
    Immer wieder sehe ich mir Stellenausschreibungen an, jedoch kann ich mich ohne abgeschlossenes Studium auf keine Stelle bewerben, die meinen Interessen und Fähigkeiten entspricht.

    Mit freundlichen Grüßen
    Ramona

  • Oksana

    Hallo Sabine,

    In der Ausgabe vom SprachRohr 03.2010 las ich deinen Artikel über „Geld- oder Zweckfrage“ des Studiums.

    Ich bin auch der Meinung, dass wenn man diese Frage zu behandeln beginnt, so kommt man auf mehrere Denkrichtungen: man kann kaum eine eindeutige Antwort finden, denn die Gründe, warum Menschen heute fern studieren, sind vielseitig.

    Mein Beispiel ist auch ganz besonders und unterscheidet sich von all denen, die in Deutschland wohnen (in studiere aus der Ukraine).

    Ich habe das Studium an der Fern Universität Hagen aus mehreren Gründen ausgewählt.
    Erstens ging es mir um inhaltlich gerichtete zweite Ausbildung. Meine Meinung: einerseits umfasst die Ausbildung in der Ukraine zu viel vom fachunrelevanten Stoff (trotz der Überzeugung, solches Studium sei vielseitig und deshalb besser, lernt man „bisschen von allem“ und wenig vom Fach). Andererseits , mangelt es in unseren Hochschulen an Lehrkräften, die sich unter anderem auch mit der Praxis beschäftigen und nicht nur theoretisches Wissen besitzen/lehren (das ist in diesem Ausbildungssystem einfach nicht üblich).

    Dies ist zu der Frage, warum mein Auswahl auf FERN-Studium gefallen ist.

    Und was die Frage angeht, warum ich überhaupt zweites Studium mache, ist meine Antwort auch vielen anderen ähnlich: weil ich meine Qualifikation erhöhen möchte.

    Das war also meine Meinung zu der „Zweckfrage“, womit ich unter anderem ein Sonderbeispiel von Studium aus dem Ausland kurz erzählen wollte.
    Und meine Erfahrung von diesem Studium ist schon eine andere Geschichte:-)

    Mit freundlichen Grüssen

    Oksana

  • Alicia

    Hallo Sabine,

    ich habe im Oktober mein Teilzeitstudium Wiwi an der Fernuni Hagen angefangen und noch vor dem offiziellen Studienstart deinen Artikel zum Thema “Vollzeit- oder Teilzeitstudium – Geld oder Zweckfrage?” gelesen. Ich habe in meinem Blog bereits darüber berichtet, dass ich mich für ein Teilzeitstudium entschieden habe, weil ich nebenbei Vollzeit berufstätig bin und ein Vollzeit-Fernstudium neben der regulären Arbeit gar nicht zu meistern wäre.

    Die Entscheidung, ein Fernstudium zu absolvieren, habe ich für mich alleine getroffen. Eigentlich wollte ich nach meinem Erststudium der Wirtschaftspsychologie den Masterstudiengang Wiwi absolvieren, jedoch hatte mein Erststudium nicht genügend BWL-Inhalte, sodass ich mich für den Bachelorstudiengang entschieden habe. Zwar hätte ich (wenn ich wollte) die Möglichkeit gehabt, einen Masterstudiengang an einer privaten Hochschule zu machen, dafür wäre ich jedoch auf die Unterstützung meines Chefs angewiesen gewesen. Dies wollte ich unbedingt vermeiden, da es für mich nur zusätzlichen Erfolgdruck bedeuten wurde.

    Heute bin ich froh, an der Fernuni zu studieren, auch wenn es neben dem Job sehr anstrengend ist. Eigentlich war ich immer der Auffassung, dass Arbeitgeber ein Fernstudium toll finden, weil es doch eigentlich für den Mitarbeiter spricht, wenn er sich privat weiterbilden möchte. Nach fast zwei Monaten als Fernstudentin muss ich meine Meinung etwas korrigieren. Zwar wurden mir für mein Fernstudium keine Steine in den Weg gelegt, aber Unterstützung habe ich auch nicht wirklich erfahren – weder von den Vorgesetzten, noch von den Mitarbeitern. Ich hätte ehrlich gesagt etwas mehr Interesse erwartet, jedoch hatte ich öfters das Gefühl, als würden andere denken, ich übernehme mich. Die Befürchtung, die Arbeitsleistung würde unter einem nebenberufliches Studium leiden ist ein Vorurteil, mit dem ich zu kämpfen habe. Schließlich sollte jeder Fernstudent (der i.d.R. auch bereits erwachsen ist), selbst einschätzen können, was er schafft und was nicht. Bei den Kollegen habe ich auch oft das Gefühl, als wollten sie nicht, dass ich von dem Fernstudium berichte, weil ich mich dadurch in den Vordergrund stellen könnte.

    Zusammenfassend kann ich also sagen, dass ich mich eigentlich schon glücklich schätzen kann, wenn man mein Fernstudium nicht negativ bewertet, aber positive Resonanz oder gar Unterstützung von Arbeitgebern zu verlangen, ist meiner Erfahrung nach zu viel verlangt.

    Ein Fernstudium sollte man in erster Linie für sich selbst machen. Daher spielen Meinungen Dritter für mich kaum eine Rolle. Solange die Arbeit nicht unter dem Studium leidet, sollten sich Arbeitgeber jedoch überlegen, ob ein Mitarbeiter, der sich aus Eigeninitiative weiterbildet, auf lange Sicht nicht eine Bereicherung für die Firma ist.

    Viele Grüße,

    Alicia

    • Sabine

      Liebe Alicia,

      vielen Dank für das Feedback! Ja, von ähnlich zumindest eher reservierten bis ablehnenden Reaktionen haben viele geschrieben, ich werde in den nächsten Tagen noch etliche Antworten auf meinen Artikel veröffentlichen.
      Ich wünsche Dir weiter viel Spaß und Erfolg!

      LG Sabine

  • Christine

    Hallo Sabine,

    meine Gründe an der Fernuni zu studieren sind alles andere als repräsentativ oder zu verallgemeinern aber vielleicht dennoch interessant, weil … ich am Ende meiner Darstellung die Frage habe, ob sich vielleicht die eine oder andere Veranstaltung organisieren lässt, für Frauen, denen ein Bewerbungstraining im engeren Sinne nicht viel nützt – aufgrund ihres Lebenslaufes.

    Also zunächst einmal bin ich – obwohl „bildungsferne Schicht“ – Land – Mädchen – erstaunlich unproblematisch n“ durch Abi und Erststudium – in das Berufsleben eingestiegen. Als das erste Kind kam und ich vor der Wahl stand ganztags weiterzuarbeiten oder vorerst zu Hause zu bleiben – also meine „Lebensstelle, unkündbar“ aufzugeben – was ich alles andere als gerne getan habe, war ich dennoch nicht untröstlich und ohne Perspektive, weil bisher war das Thema Bildung und Beruf reibungslos von mir bewältigt worden.

    Ich schrieb mich an der Fernuni für ein Schnupperstudium ein – und kam damit nicht weiter, weil der Vater des Kindes beruflich so häufig unterwegs war, die Haltung zum Fernstudium bzw. studierenden Frauen in dem Örtchen, in dem wir lebten waren feindlich („Das Denken sollte ich lieber den hohen Herren überlassen, sonst werde ich noch ganz wirr im Kopf“ ) und die Kleine, meist alleine mit der Mutter oft die Nächte zum Tag machte, was einem konzentriertes Lernverhalten kaum förderlich ist.

    Ich war heilfroh eine ABM in der Nähe zu bekommen, die Mitarbeiter waren sehr freundlich und haben sich alle dafür eingesetzt diese Tätigkeit zur Dauereinrichtung zu machen. Leider ist diese Vorhaben aber gescheitert. Danach traf mich das „Schicksal“ knüppeldicke insofern, als zu dem Zeitpunkt der einjährige dann dreijährige Mutterschaftsurlaub für alle Frauen mit festem Arbeitsplatz genehmigt war, AB Stellen nur noch für Problemgruppen und anschliessend Einstellungen im Öffentlichen Dienst bevorzugt an Personen aus der „ehemaligen SBZ“ erfolgten.

    Und jedes Mal, wenn ich dachte, ich könnte neue Hoffnung schöpfen, traf mich ein weiteres „Unheil“ – schlimmer Unfall meiner Tochter und später, als das überstanden war Arbeitslosigkeit.

    Im ersten halben Jahr der nun folgenden Arbeitslosigkeit habe ich versucht mich intensiv zu bewerben und da ich leider Absage nach Absage erhielt – die Wirtschaftsflaute hatte gerade begonnen – habe ich mich zum Sommersemester 2008 erneut in der Fernuni eingeschrieben um die 2 Modulprüfungen zu bestehen, mit denen ich am Masterstudium teilnehmen kann. Vermutlich bin ich ab und an eine arge Geduldsprobe auf den Präsenzveranstaltungen, die ich gerne und begeistert und mit grossem Gewinn besucht habe, weil mein Leben sich eben seit einem Vierteljahrhundert mehr oder weniger abseits universitärer Bahnen bewegt. Die Fernuni ist für mich wichtig, weil ich bereits versucht habe, mich als Gasthörer an der nächstgelegenen Uni anzumelden um evtl. ein Studium aufzunehmen, mir aber dort unter all den jungen Leuten ziemlich deplaziert vorkam. Bei den Präsenzveranstaltungen ist die Altergruppe immer gemischt, so dass ich diese Unbehagen nicht empfinde. Bezogen auf mein Erststudium möchte ich sagen, dass ein Präsenzstudium schon irgendwie ganz anders ist, als das Fernstudium, also die Form Fernuni nicht irgendwann die Präsenzuni ersetzen kann, aber die Tatsache, dass es dieses Angebot für Frauen wie mich, die andrerseits ab und an schier an dieser Gesellschaft und ihrer Entwicklung und Haltung Frauen gegenüber, sehr wichtig ist.

    Um auf den Anfangssatz und den Anlass für dieses ausführliche Schilderung zurückzukommen: ich denke weniger daran, dass ich bei meiner Vorgeschichte mit einer Bewerbung bei einem Arbeitgeber grossen Erfolg haben werde (obwohl ich mit einem festen Arbeitsplatz natürlich auch gut bedient wäre), sondern eher daran mir eine Patchworkbetätigung aus Tätigkeiten, die in meinem Leben bereits gut und gerne gemacht habe, zurechtzubasteln – also freie Mitarbeit usw. und kann mir das in den Bereichen vorstellen: Tourismus – spezielle Führungen, Angebote für Personen, die ggf. nicht sogerne in Bussen sitzen … Workshops zu Themen in verschiedenen Altersgruppen … Übersetzungen von (Fach)Literatur mit denen zwar eine geringe Entlohnung aber für hauptamtliche Übersetzer eben zu wenig Erlös erzielt werden kann usw. Für mich – und ggf. andere wie mich – wäre also interessant, wie komme ich am besten an diesen oft „grau“ genannten Markt, wie biete ich mich an, wie erschliesse ich mir sinnvoll Kontakte usw. ..

    Ich studiere Teilzeit, weil – ich auch Haus und Garten und Wäsche usw zu versorgen habe, mich ab und an hier und dort nützlich mache, mir den Zeitdruck eine Vollzeitstudiums bei der langen Zeit, in der ich andersartigen Tätigkeiten nachgehen musste nicht zutraue … und bin über diese Möglichkeit ausgesprochen froh.

    Ich hoffe, deiner „Fallsammlung“ einen interessanten Bericht hinzugefügt zu haben und wünsche Dir erfolgreiche Arbeit und meinen „Mitstreiterinnen“ auch in Zukunft gutes Gelingen bei den Prüfungsleistungen.

    Gruss Christine

    Postscriptum – falls interessiert was meine Vorbilder so sind:
    Eine Rentnerin aus einem Filmbericht vor Jahren, die als Alleinstehende nach Eintritt ins Rentenalter begann, Soziologie zu studieren und in diesem Fach auch noch promovierte – sowie
    die Schilderung einer Frau in „meiner“ Fachzeitschrift BuB (Buch und Bibliothek) in den Jahren der tiefesten englischen Rezension unter Mäggie Thatcher, die um nicht zuhause in Depressionen zu verfallen alle Angeborte der umliegenden public libraries nutzte … usw. Frauenleben eben(!)

  • Ulrika

    Liebe Sabine,

    eigentlich überfliege ich das „Sprachrohr“ immer nur, um es dann in der „Rundablage“ schnell zu entsorgen (Papier- und Informationsflut nehmen überhand und müssen irgendwie kanalisiert werden). Aber diesmal sprach mich dein Artikel eben doch so an, dass ich ihn nicht nur gelesen, sondern auch beschlossen habe, dir eine Antwort zu schreiben (und das gleich nach dem Lesen, damit ich das Heft dann entsorgen kann).

    Ich studiere seit einem Jahr in Teilzeit Psychologie und arbeite Vollzeit in einem sehr anspruchsvollen Beruf, wo ich Menschen begleitend auf ihre künftige Tätigkeit vorbereite.

    An meinem Arbeitsplatz weiß in der Tat (bisher) niemand von meinem „Privatvergnügen“, und das aus zwei einfachen Gründen: erstens weiß ich nicht, ob ich die Hürde der Statistik schaffen werde (jetzt im ersten Anlauf glaube ich nicht), zweitens habe ich keine Lust, mich eventuell dafür rechtfertigen zu müssen. Ob letzteres so sein wird, weiß ich nicht, ich habe allerdings schon einen Masterstudiengang als Aufbaustudium hinter mir, da gab es vereinzelt schon komische Kommentare bzw. die Tatsache wurde schlicht ignoriert.

    Die Frage nach der Belastung kann ich für mich so beantworten: eine Sache, Beruf/ Privatleben/ Studium muss zwangsläufig leiden. Bei mir ist es das Privatleben: für Garten etc. bleibt keine Zeit, das Kind ist glücklicherweise schon erwachsen. Aber auch das Studium kann ich nicht in der er- und gewünschten Intensität wahrnehmen (s. der wahrscheinlich missglückte Versuch, die Statistikklausur zu bestehen).

    Ich betrachte das Studium mehr als mein persönliches Hobby, gleichzeitig aber auch als sinnvolle Ergänzung zu meinem Beruf. Für einen neuen Weg im Erwerbsleben reicht die Zeit wahrscheinlich nicht mehr (ich werde bald 47). Daher verstehe ich deinen Satz auch tatsächlich wertfrei: ich sehe das Studium als berufliche Weiterbildung. Was sollte daran schlecht sein?
    Warum habe ich diesen Studiengang begonnen? Ich wollte bereits in jungen Jahren Psychologie studieren, kam aber damals am Numerus Clausus nicht vorbei. Hagen bietet mir die Möglichkeit, das Studium grundständig auch ohne diese Hürde zu studieren. Das finde ich gut.
    Um auf den Titel deines Artikels zu kommen: Ein Vollzeitstudium könnte ich mir auch vorstellen, die Frage ist natürlich die der Finanzierung. Ich habe mir aber bisher einen gewissen Lebensstandard erarbeitet. Daher würde ich auch bei einer möglichen Fremdfinanzierung weiterhin arbeiten (allerdings wahrscheinlich nicht Vollzeit), da ich keine Lust habe, mit dem derzeitigen Bafög-Satz auskommen zu müssen.

    Ich hoffe, dir haben meine Gedanken genutzt.

    Herzlichen Gruß

    Ulrika

  • Sandra

    Liebe Sabine,

    Ich nehme mir als Teilzeitstudierende die „Zeit“, dir eine Antwort zu schreiben.

    Mein Name ist Marlene Müller, komme aus Österreich und studiere jetzt das 9. Modul meines Studiengangs.

    Gerne würde ich mich mehr an den Diskussionen und Beiträgen in Moodle beteiligen, aber es ist mir einfach nicht möglich.
    Ich unterrichte 60%, wobei ein gewisser Druck besteht, auf 100% zu erhöhen. In unserer Region wird es in spätestens 3 Jahren einen gravierenden Mangel an Lehrpersonen geben.

    Familienmäßig bin ich auch eingespannt (eine Tochter mit 5 Jahren, Haushaltsmanagement).
    Mein Mann beteiligt sich als Selbständiger so gut er kann an der Betreuung unserer Tochter und im Haushalt, das ist sehr wichtig. Überhaupt kann ohne eine gute Partnerschaft ein Studium nicht wirklich gut verlaufen,denke ich mir mittlerweile.

    Ich bin eine gründliche Studierende, lese aufmerksam, schreibe Zusammenfassungen,…lerne für die Klausuren ausreichend und habe den Anspruch, gute Hausarbeiten zu schreiben, was auch gelingt.
    Das alles bringt mich auf 60-70 Stunden pro Woche und heuer im Sommer war ich so was von an der Grenze…ich dachte schon an ein Burn-out, sodass ich für dieses Semester beschlossen habe, weniger fürs Studium zu tun.

    Als Teilzeitstudierende bleibt immer das Gefühl, ich habe zuwenig gemacht, eigentlich müsste ich noch mehr tun.
    Aber wie schon beschrieben, auch wenn ich mehr fürs Studium tun wollte, ich muss jetzt in die andere Richtung. Es wird auch klappen, aber mein Anspruch ist ja nicht nur durchkommen, sondern auch was beherrschen und anwenden können.

    Die Zufriedenheit mit dem Studium hat mehr und mehr nachgelassen, weil ich diese Lernerei des Stoffes für nicht wirklich sinnvoll erachte – das Vergessen ist erschreckend groß, und das bedauern auch andere KollegInnen.
    Es eröffnet mir einerseits neue Welten, aber andererseits zuwenig „über den Tellerrand hinausblicken“, zuwenig Gefordertsein im eigenen Denken – es scheint mir am zu strukturierten Aufbau des Studiums zu liegen und der stupiden Auswendiglernerei für die Klausuren.
    Es bleibt für mich definitiv neben allen anderen Aufgaben keine Zeit fürs Diskutieren, Austauschen,…
    Leider haben in meiner Region auch alle anderen mittlerweile das Handtuch geworfen und ich siedle als Einzige durchs Studium, ohne persönliche Kontakte. Es fehlt mir, aber ich habe bis jetzt durchgehalten (4,5 Jahre).

    Vor einem halben Jahr habe ich die Schulbehörde bez. Unterstützung des Studiums angeschrieben und das Telefonat mit dem Zuständigen war arg. Resümeé: Es wird keine Weiterbildung, kein Wissenszuwachs in dieser Form gewünscht, die Angst vor der Abwanderung aus dem Lehrberuf ist groß und finanzielle Unterstützung gleicht einer Anmaßung. Dabei war es das 1. mal,
    dass ich um finanzielle Unterstützung für nur irgendwas angesucht habe.

    Das Studium ist mein Privatvergnügen und am liebsten würde ich ausschließlich studieren und mir nach dem Studium (evt. auch Masterstudium) eine andere Tätigkeit suchen. Das ist finanziell derzeit für mich nicht möglich. Für 47–jährige scheint das Lebenslange-Lernen nicht mehr zu gelten – es gibt kein Stipendium (in Österr. nur bis 36 J.).

    Dennoch: Die begleitende Praxis der täglichen Arbeit und das gleichzeitige Einzahlen in den Pensionstopf sind die Vorteile dieser Gangart.
    Klar ist, dass sich die Entscheidung für ein Studium finanziell auswirkt: einerseits kostet das Studium etwas (wenn im Verhältnis auch nicht viel), andererseits bedeutet es einen Verdienstentgang von ca. 6 Jahren (Teilzeit).

    Mir ist einfach das Studieren, in neues Wissen einzutauchen und was sich alles in diesem Zusammenhang tut, einfach wichtiger für mein Leben.
    Mit 20 hat es aus unterschiedlichen Gründen nicht geklappt und jetzt erfülle ich mir einen Lebenstraum, der sich dann auch hoffentlich mal in einer spannenden beruflichen Herausforderung bezahlt macht.

    Übrigens: die meisten Menschen reagieren mit „wozu machst du denn das noch?“, „was kannst du denn damit machen?“, so in diese Richtung.
    Das prallt mittlerweile so was von ab, denn das Ende des Studiums naht….

    Das war jetzt ein sturzartiger Kurzbericht und ich freue mich schon, wieder von dir im SprachRohr zu lesen.

    Alles Gute für dich und deinen (sehr nahen) Studienabschluss

    Wünscht

    Sandra

  • Carina

    Hallo Sabine,

    mit großem Interesse habe ich Deinen Artikel bzw. Aufruf gelesen. Ich muss dazu auch ein paar Zeilen beitragen.

    Ich studiere seit Sommersemester einen Masterstudiengang in Teilzeit.
    Als bei mir die Frage – Vollzeit – oder Teilzeit – auftauchte, hatte es nur einen Grund: ich bin Schwerbehindert (extreme Sehschwäche) und, um meine Augen nicht viel in Anspruch zu nehmen, habe ich mich entschieden, Teilzeit zu studieren. Aktuell arbeite ich an einem Projekt mit, sodass meine Entscheidung, Teilzeit zu studieren, noch bekräftigt wird. Leider beziehe in diesem Fall kein Bafög – wusste ich leider nicht, dass Teilzeitstudium und Bafög (Bildungskredit etc.) sich nicht vertragen. Irgendwie, setzt das Teilzeitstudium voraus, dass man arbeitet, nicht aber, dass man gesundheitlich das Vollzeitstudium nicht schaffen kann.

    Hoffentlich konnte ich Dir helfen

    Viele Grüße

    Carina

  • Dr. Harald Beyer

    Liebe Sabine!

    Ich habe Deinen Artikel zum Thema Teilzeitstudium im „SprachRohr“ gelesen und fühle mich hierdurch auch angesprochen.

    Ich bin 39 Jahre alt und promovierter Physiker. Aktuell arbeite ich als Projektleiter in der Entwicklung eines großen Schweizer Technologiekonzerns. Eingeschrieben bin ich im (leider auslaufenden) Wirtschaftswissenschaftlichen Zusatzstudiengang für Ingenieure und Naturwissenschaftler.

    Meine Motivation zum Studium war ca. 5 Jahre nach meiner Doktorprüfung Weiterbildung und berufliches Fortkommen. Auf Anregung meines damaligen Chefs habe ich mich nach Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich der Betriebswirtschaft umgesehen. Hierbei stieß ich auch auf das Angebot der FernUniversität.

    Als Vorteile habe ich angesehen, dass man auch einzelne Kurse zu einem im Vergleich zu privaten Anbietern günstigen Preis belegen konnte. Außerdem sehe ich im Angebot einer staatlichen Universität eine anerkannte und garantierte Qualität der Bildung und der Abschlüsse bzw. Scheine. Da ich mich ursprünglich nur ein wenig in BWL weiterbilden wollte, belegte ich als Akademiestudent zunächst nur die drei Kurse „Grundzüge der BWL“ (jeweils einen pro Semester). Zudem habe ich aus beruflichem Interesse dann noch anschliessend „Grundlagen des Privat- und Wirtschaftsrechts“ belegt.

    Mit der Zeit bemerkte ich dann zunehmend auch die hohe Flexibilität, die mir das Fernstudium bot. Um einen ersten qualifizierten Abschluss zu erzielen, schrieb ich mich dann schließlich als Teilzeitstudent in den genannten Studiengang ein, um noch das Vordiplom zu komplettieren.

    Als ich im Frühjahr 2009 meinen Arbeitsplatz verlor, habe ich mich dann entschlossen, das Studium bis zum Diplom weiterzuführen, um die Zeit sinnvoll zu nutzen. So konnte ich während meiner fast einjährigen Arbeitslosigkeit mein Vordiplom sowie den grössten Teil des Hauptstudiums schaffen. Im September habe dann die noch letzte offenen Prüfung geschrieben, so dass mir nur noch die Abschlussarbeit fehlt, die ich im kommenden Jahr absolvieren werde. Hierbei kann ich, obwohl ich inzwischen in der Schweiz lebe und arbeite, mit Unterstützung meines neuen Arbeitgebers rechnen.

    Fazit: Die FernUniversität zeichnet sich durch eine hohe Flexibilität des Studiums aus, die besonders Berufstätigen entgegenkommt. Man kann einerseits nur einzelne Kurse belegen, um eine eher kurze und gezielte Weiterbildung zu erhalten. Andererseits kann man jederzeit, da man nur die belegten Kurse bezahlt, sein Studium den persönlichen Anforderungen anpassen. Dabei genieß man die anerkannte Qualität einer staatlichen Uni, die bei privaten Bildungsträgern nicht immer gewährleistet ist. Außerdem ist man nicht an seinen Wohnort und nur geringfügig an Termine gebunden

    Viele Grüße

    Harald

  • Gabi

    Hallo Sabine,

    ich bin 45 Jahre alt und arbeite an einer Universität als leitende Sachbearbeiterin. Leider gibt es bei uns keinerlei Aufstiegsmöglichkeiten ohne abgeschlossenes Studium. Das war der Ausgangspunkt für mich, das Fernstudium Bildungswissenschaft zu beginnen. Ich bin Single und kann es mir deshalb nur als Teilzeitstudium neben dem Beruf leisten, lieber würde ich natürlich nur studieren (in Skandinavien könnte ich das, in Deutschland leider nicht). Es ist ein ziemlicher Spagat, denn ich kann nur ein bestimmtes Maß an Zeit für das Studium aufbringen, d.h. mir bleibt eigentlich keine Zeit für Sekundärliteratur, ausführliche Kommunikation in moodle, etc.
    Das finde ich sehr schade, die behandelten Themen sind so interessant, aber ich kann es nicht ändern, sonst würde ich viel länger für das Studium brauchen und dann habe ich altersbedingt auf dem Arbeitsmarkt keinerlei Chancen mehr.
    Ich habe mich dafür entschieden, mich am Arbeitsplatz offen zum Studium zu bekennen, aber ich lasse es mir nicht vom Arbeitgeber zahlen, weil ich keine Abhängigkeit möchte. Ich lebe jetzt mit dem Vorwurf Einzelner, dass ich meine Arbeit aufgrund des Studiums vernachlässige, was nicht stimmt. Insofern verstehe ich jeden, der das verheimlicht. Eine positive Unterstützung durch die Uni bekomme ich keinesfalls, die Hierarchien sind sehr ausgeprägt, d.h. man traut es einer „Verwaltungskraft“ gar nicht zu, eine wissenschaftliche Ausbildung zu machen. Und man will es auch nicht wirklich.
    Ich bin jetzt erst im 2.Semester, sehe aber neue Perspektiven für mich und möchte danach auch woanders arbeiten, wenn möglich. Ich glaube auch fest daran, dass ich trotz meines Alters dafür eine Chance bekommen werde.

    So, das ist meine Situation, ich denke, es gibt einige wie mich.

    Viele Grüße
    Gabi

  • Corinne

    Hallo, Frau Siemsen!

    Habe gerade Ihren Artikel in der letzten Ausgabe vom „SprachRohr“ gelesen.

    Sicherlich kennen viele Teilzeit-Studierende die Probleme, die Sie ansprechen.
    Gerade bei StudentInnen über 30 kann man davon ausgehen, dass sie neben Studium mehrere Dinge unter einen Hut bringen müssen. Um Ihnen speziell meine Situation zu schildern, ein paar Fakten vorweg:

    – Ich bin 42 Jahre, habe eine 19-jährige, zuhause wohnende Tochter und zwei Söhne (Zwillinge) mit 8 Jahren.
    – Von Anfang an war ich mit den Jungs alleinerziehend.
    – Um genug zu verdienen, arbeite ich 36,5 h pro Woche, also fast Vollzeit, im Verkauf.

    Meinen Wunsch, Psychologie zu studieren, hege ich schon seit einigen Jahren. Aus finanziellen Gründen war es mir jedoch nicht möglich, ein Studium an einer Präsenz-Uni in Vollzeit zu beginnen.
    Als ich vor zwei Jahren meine Kinder in einer öffentlichen Ganztagsklasse einschulen konnte und ich auch durch deren zunehmende Selbständigkeit mehr Freiraum gewonnen habe, habe ich beschlossen, mein Leben doch noch umzukrempeln.
    Die FernUni Hagen bot mir eine wunderbare Gelegenheit, endlich den Schritt zu gehen, den ich schon seit langem gehen wollte. Von beruflicher Weiterbildung kann bei mir also eher nicht die Rede sein, vielmehr von einer völligen Neuorientierung.
    Mittlerweile habe ich die Module 1,2 und 3 erfolgreich absolviert und ich merke, dass ich lieber Vollzeit studieren würde. Aber wie Sie auch schreiben, das scheitert dann in meinem Fall an den Finanzen 🙁

    Gerade bin ich nun dabei, mir einen neuen Job zu suchen, möglichst nicht im Verkauf weil zu schlecht bezahlt. Halbtags im Büro, evtl. plus 400-Euro-Job, das würde etwas mehr Einkommen und auch etwas mehr Zeit zum Lernen bedeuten. Dabei habe ich jedoch in einigen Vorstellungsgesprächen auch schon gemerkt, dass ein Studium nebenbei nicht zwangsweise gut ankommt. Jeder Arbeitgeber erwartet, dass man der von ihm angebotenen Stelle ungeteilte Aufmerksamkeit und 100%iges Engagement entgegenbringt.
    Bei den nächsten beiden (vielversprechenden) Vorstellungsgesprächen werde ich deshalb diese Information über meine „Freizeitbeschäftigung“ nicht erwähnen.

    Sie sehen also, es erfordert zum Teil schon viel Motivation, Flexibilität und ein „dickes Fell“, um Studium, Beruf und Familie zu vereinbaren.
    Ich wohne übrigens neben meinen Eltern, die beide kein Verständnis für mein Studium aufbringen.
    Das Vollzeitstudium wird also ein Wunsch bleiben, ebenso wie die Unterstützung seitens Arbeitgeber oder auch Familie.

    Ich habe zum Glück tolle Freunde, super-liebe Kinder und einen starken Willen. Meine Jungs erleben jetzt schon durch mich, dass Lernen Spaß machen kann und dass dazu nicht Zwang sondern vor allem Interesse und Freude gehört. Genug Gründe für mich, um weiterzumachen, ganz zu Schweigen davon, dass ich das Psychologiestudium unheimlich toll finde.

    Ich hoffe, Sie bekommen noch viele interessante Zuschriften und erhalten dadurch einen etwas detailierteren Überblick, was TeilzeitstudentInnen ausmacht und antreibt.

    Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit,
    herzliche Grüße,

    Corinne

  • Oliver

    Hallo Sabine,

    gerne eine kurze Rückkopplung zu Deinem Artikel im aktuellen Sprachrohr:

    Ich (38) studiere in TZ „Politik und Verwaltungswissenschaften“ und schreibe gerade an meiner Abschlussarbeit.
    Als Vollzeitbeschäftigter bei der Deutschen Bahn mit sehr häufigen Dienstreisen ins Ausland und damit verbundenem „unregelmäßigem Wochenrhythmus“ (teilweise Nachtarbeit) kann ich ein Lied davon singen, wie stark das Studium zu einem teilweise recht extrem eingeschränkten „Lebensgefühl“ führt. Natürlich führt das Studium auch zu Zufriedenheit – diese wird aber durch starken Verzicht in anderen Bereichen oftmals teuer erkauft. Ich bin daher mehr als froh, wenn ich den Abschluss bald hoffentlich in der Tasche haben werde…

    Zum Thema „Information des Arbeitgebers“:
    Bei mir waren die Reaktionen stark Personenabhängig: Mein früherer Vorgesetzter hat mich beim Studium nach Kräften unterstützt und hatte auch nicht Druck des „Schaffen müssens“ aufgebaut – im Gegenteil: „Wenn Sie das wirklich nebenbei schaffen: Chapeau!“. Ganz anders mein aktueller Vorgesetzter (promoviert): „Kümmern Sie sich vorrangig um Ihre Arbeitsaufgaben – So ein Studium macht man direkt nach dem Abitur, damit man anschließend im Job den Kopf zu 100% frei hat und damit auch 100% Leistung bringen kann…“ (alle Zitate sinngemäß).
    Ergo: Die Erfahrung eines solchen Studiums sind nicht zu ersetzen – aber es gehört im Einzelfall ein sehr zäher Wille zum Weitermachen dazu, um all den Einflüssen zu trotzen. Und wahrscheinlich gehöre ich zu den wenigen, die recht überzeugt sagen: „Wenn ich nochmals die Wahl hätte: Ich würde es wohl NICHT mehr tun!“

    Ich werde übrigens trotz meines jetzigen Vorgesetzten bei der Firma bleiben – zum einen, weil ich schon einige Chefs „überlebt“ habe, zum anderen, weil ich mich nicht kampflos einfach verdünnisiere, sondern durchkämpfe. Soviel, wie ich derzeit verdiene, einschließlich überbetriebliche Leistungen – da kann ich mich wahrlich nicht beschweren.
    Letztlich kann ich heute noch nicht abschätzen, ob mich der Abschluss beruflich weiter bringt – wahrscheinlich eher nicht. Aber viele Erkenntnisse über Abläufe in der Firma sind mir letztlich klarer geworden, so dass ich doch vom Studium profitiert habe.
    Den Master werde ich aber schon deswegen nicht absolvieren können, weil mein Notendurchschnitt niemals ausreichen würde….

    Die Thematik „Studieren in Vollzeit mittels Stipendium“ ist sicherlich einzelfallbezogen eine sehr gute Idee – eben, um sich voll auf das Studium konzentrieren zu können. Ich gebe allerdings zu bedenken, dass ein Stipendium in vielen Fällen bei weitem nicht das „entgangene Entgelt“ für einen regulären Job ersetzt.
    Weiterhin sind Stipendien natürlich fast immer an den Studienerfolg gekuppelt: Hier steht die Frage im Raum, ob damit nicht zusätzlicher Druck aufgebaut wird – auch hier spreche ich aus eigener Erfahrung.

    Soviel zu einer Einzelerfahrung,

    Gruß
    Oliver

  • Angelika

    Sehr geehrte Frau Siemsen,

    Zu Ihrem Artikel im Sprachrohr der Fernuni Hagen von meiner Seite ff. Beitrag. Ich war zum Zeitpunkt der Aufnahme der Studiums bereits über 30, mehre Jahre als Akademiker in einer Männerdomäne berufstätig und bin weiblich. Mein eigentlicher Beruf macht mir sehr viel Spaß, nichtsdestotrotz hatte ich das Gefühl in einer Sackgasse zu stecken. Die Anstellung für ein zweites Studium aufzugeben kam für mich zu keinem Zeitpunkt infrage. Da ich in dem Studium eine sinnvolle Ergänzung zu meiner ersten akademischen Ausbildung gesehen habe und die Fernuniversität ein flexibles lernen ermöglicht (was in meiner damaligen beruflichen Situation, welche mit viel Reisetätigkeit verbunden war, sehr vorteilhaft war) habe ich mich zur Aufnahme des Studiums entschlossen.

    Zu Beginn habe ich nur meine Familie und wenige Freunde eingeweiht. Nach Abschluss des Vordiploms informierte ich meine damaligen Chefs. Einer (selbst kurz vor der Rente) verstand wohl nicht genau warum ich dies tue, gab allerdings positive Rückmeldung und interessierte sich dafür, wie die Firma mich unterstützen kann. Der zweite fragte was ich denn damit wolle, signalisierte keinerlei Unterstützung und hat auch zwischenzeitlich immer wieder klargemacht, dass es sehr schön ist noch mal zu studieren, aber eine Gehaltserhöhung oder andere berufliche Vorteile sich daraus nicht ergeben werden. Ich denke hier steht zum einen der Konkurrenzgedanke im Vordergrund. Zum anderen entscheidet über den zukünftigen beruflichen Werdegang nicht nur der jetzige Chef beziehungsweise die jetzige Firma.
    In der Zwischenzeit wissen auch noch einige andere Kollegen Bescheid. Einige haben mich auch konkret durch Hilfe, z. B. bei der Urlaubsplanung, unterstützt.
    Rückblickend kann ich sagen, dass etwas Geld und viel Zeit in der Studium geflossen ist. In meinem Fall wurde die Zeit mit Sicherheit vom Privatleben abgezweigt. Ohne die Unterstützung durch die Familie ist ein solches Unterfangen keinesfalls zu bewältigen. Hier ist viel Verständnis und manchmal auch ein Tritt in den Hintern erforderlich.
    In der letzten Zeit bemerke ich immer häufiger, dass sich vieles aus dem Studium in meiner täglichen Arbeit in der Firma anwenden kann. Ein reines „über den Tellerrand blicken“ liegt hinter mir, ich kann mich immer häufiger ganz konkret in wirtschaftswissenschaftliche Diskussion einbringen.
    Generell stimme ich zu, dass eine riesengroße Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit innerhalb unserer Gesellschaft, aber auch in der Wirtschaft selbst klafft. Es wird überall lebenslanges Lernen und eigene Initiative propagiert. Sobald aber eine Person eigene Wege beziehungsweise noch nicht zu ausgetretene Pfade sucht, weiß der Gegenüber selten damit umzugehen. Frauen haben es in dieser Hinsicht mit Sicherheit nicht leichter als Männer. Wer hier im fortgeschrittenen Alter noch eine (Zusatz)-Ausbildung macht muss sich schon mal die Frage gefallen lassen, ob man die Familie nicht zu sehr vernachlässigt. Auch das war für mich ein Grund das Studium lange für mich zu behalten.

    Mit freundlichen Grüßen

    Angelika

  • Bettina

    Hallo, Sabine,

    ich bin ja schon etwas konsterniert, dass ich mit knapp über 30 schon unter „grau und schlau“ falle… Ich hatte mir da immer Senioren im Vorruhestand vorgestellt, die ihre viele freie Zeit sinnvoll nutzen wollen. Aber ok…

    Wollte Dir zu Deinem Artikel im Sprachrohr ein bisschen Feedback geben, da ich selbst Teilzeitstudentin bin, neben einem Vollzeitjob. Ich bin über Deine Sätze gestolpert, dass Du glaubst „dass viele TZ-Studis gerne ihrem Studium die volle Zeit widmen würden, wenn es ihnen finanziell ermöglicht würde“. Dem widerspreche ich ganz eindeutig: Für mich wäre ein VZ-Studium mit Einschränkungen vielleicht finanziell machbar. Aber ich würde es nicht wollen, ich könnte mir nicht mehr vorstellen, „nur“ zu studieren. Und um ehrlich zu sein, bin ich auch nicht der Meinung, dass die Studis an Präsenzunis „echte“ VZ-Studis sind. Da geht doch ganz viel Zeit für Freizeitaktivitäten, Nebenjobs etc. drauf. Zumindest ist dies bei den Juristen und Geisteswissenschaftlern so, Naturwissenschaften mag anders aussehen.
    Ich mache die Erfahrung, dass sich ein TZ-Studium (mit 2 Modulen pro Semester) sehr gut mit einem VZ-Job, Familie, Freunden, Haushalt etc vereinbaren lässt. Mit etwas mehr Disziplin meinerseits wären sicher auch 3 Module pro Semester möglich, das würde einem VZ-Studi entsprechen. Wer sich für ein Studium neben dem Job entscheidet, muss nur genau wissen, warum er dies tut: Geht es um einen möglichst schnellen Abschluss, um beruflich weiter zu kommen? Dann wird man das Studium sicher nicht mit der von Dir angesprochenen Offenheit angehen, sondern versuchen, mit minimalem Aufwand das Optimum rauszuholen. Diese Leute würden aber auch nicht für ein „volles Studium“ aussteigen, selbst wenn dies finanziert würde. Oder man studiert wie ich „als Hobby“, um den eigenen Horizont zu erweitern und vielleicht irgendwann mal einen Abschluss zu haben, der einen vielleicht auch beruflich weiter bringt. Dann ist das Studium der Ausgleich zum Job: andere besuchen VHS-Kurse, lernen eine neue Sprache oder lesen Bücher über Astrophysik, ich belegen halt ein paar Module in Hagen. Und wenn ich „nur“ studieren würde, müsste ich als Ausgleich bestimmt irgendwo arbeiten gehen, damit ich auch was „produktives“ tue.

    Für die Gesellschaft würde ich mir im Gegensatz zu Dir nicht unbedingt wünschen, dass man eine staatlich finanzierte „Auszeit“ zum Studieren bekommt. Ich glaube nicht, dass man dadurch „ein anderes Verhältnis zu Bildung bekommt“. Eher glaube ich, dass es so noch mehr „Elfenbeinturm-Akademiker“ gäbe, die den Bezug zur Arbeitswelt verlieren. Ich fände es besser, wenn das TZ-Studium besser gefördert würde und zwar v.a. von den Arbeitgebern. Und eben nicht nur, wenn ich nebenher etwas studiere, was meinem Arbeitgeber unmittelbar „nutzen“ könnte, sondern auch, wenn dies völlig fachfremd ist. (Beispiel: Informatiker studiert nebenher Politkwissenschaften oder Kunstgeschichte, einfach, weil es ihn interessiert). Ich bin nämlich davon überzeugt, dass in jedem Fall ein Nutzen für den Arbeitgeber da ist und TZ-Studis in aller Regel eher überdurchschnittliche motivierte Mitarbeiter sind, die ihrem Chef ein Entgegenkommen das Studium betreffend mit sehr guter Leistung, flexiblem Arbeitseinsatz und vielen neuen Impulsen danken.

    So, erstmal genug. Habe bislang noch nie auf Artikel im Sprachrohr reagiert, aber irgendwie hast Du da einen Nerv bei mir getroffen 😉
    Falls Du meine Gedanken nicht ganz nachvollziehen kannst (ist vielleicht etwas wirr geschrieben), kannst Du auch gerne nachfragen.
    Bin gespannt auf Deinen nächsten Artikel,
    viele Grüße
    Bettina

    • Sabine

      Hallo Bettina,
      nee 🙂 nur weil ich mich um die Gruppe Ü30 kümmere und bei Grau und Schau bin, ist man das nicht automatisch ab 30 *g* – das muss man sich schon erarbeiten, über Mitstreiter freuen wir uns natürlich, selbst wenn sie (bisher) nur schlau sind 😉
      Vielen Dank für Dein Feedback, es ist schon interessant, wie unterschiedlich hier die Ansichten und Einstellungen sind. Nun, dass viele Studenten gern Vollzeit würden und nicht können, dem kannst Du ja nur für Dich widersprechen 😉 – bei den Feedbacks zu dem Artikel, die schon zahlreich kamen, sind mehrheitlich andere Meinungen vertreten. Das ist natürlich auch Einstellungssache – für mich zum Beispiel ist mein Studium Vollzeit, im wirklichen Sinne des Wortes – und das hängt auch nicht von Präsenz oder Fernuni ab, denke ich. Freizeit, Familie und heute inzwischen leider zwangsweise manchmal auch Nebenjobs laufen ja auch neben normalen Arbeitsverhältnissen, und die sind dennoch Vollzeit?
      Und ich finde, zwischen den beiden Varianten die Du nennst (Studium für Aufstieg oder Studium als Hobby) gibt es eine dritte und wie ich finde sehr wichtige Variante: Studium um nicht nur den Horizont zu erweitern, sondern nochmal ganz neu durchzustarten, u.U. in einem ganz anderen Bereich als bisher. Meiner Erfahrung nach ergibt sich diese Variante aber oft auch erst während eines Studiums, durch die Horizonterweiterung die damit einfach verbunden ist, wenn man es denn zulässt. Und inwiefern ist denn ein Studium „nichts produktives“?
      Bezüglich des Gesellschaftlichen Bedarfs bin ich da auch ganz anderer Meinung als Du. Aber es ist ja gut und interessant, dass es verschiedene Ansichten gibt. Und Ansichten zu überdenken, zu hinterfragen und zu reflektieren – das ermöglicht einem u. a. auch ein Studium. Ich persönlich habe in diesem Bereich einen enormen Fortschritt festgestellt und das alleine schon macht riesen Spaß. Und Arbeit darf ja auch Spaß machen 🙂

      Soweit zu Deiner e-mail, ist jetzt auch länger geworden, da einige Aussagen auch einen Nerv trafen 🙂

  • Bettina

    Hast recht, es gibt auch die Gruppe, die etwas ganz anderes studiert, um irgendwann mal den Job / die Branche zu wechseln. Dass es hierbei einige gibt, die gerne eine finanzierte „Auszeit“ nehmen, glaub ich auch. Ich halte es aber für die Gesellschaft nicht gerade für sinnvoll. Denn ob man anschließend dann einen Job findet, steht nicht fest. Und ich mache die Erfahrung, dass Studenten, die nicht im Erwerbsleben stehen, oft sehr weltfremde Vorstellungen von Jobs und Arbeitsmöglichkeiten haben. Und ich sehe nicht ein, warum die Gesellschaft Leuten, die ja bereits einen Job haben, ein Studium finanzieren sollte. Über einen Bildungskredit, ok. Im Übrigen bin ich auch FÜR Studiengebühren im Erststudium, über Bildungskredit. Aber ich merke schon, da finden wir nicht zueinander.

    Liebe Grüße
    Bettina

  • Patrick

    Hallo Sabine,

    habe deinen Artikel im letzten Sprachrohr gelesen und fühlte mich angesprochen.

    Meine Situation: studiere seit einem Jahr Teilzeit an der FU. Bin 49 und selbständig. Ich studiere, weil es mich wahnsinnig interessiert und weil das Studium meinem Geist das gibt, was die Arbeit ihm nicht geben kann.

    Ich würde nichts lieber tun, als Vollzeit zu studieren (und versuche das in diesem Semester auch). Aber ich habe Familie und muss für meinen Lebensunterhalt sorgen.

    Dass es nicht ganz einfach ist, Studium, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen, ist klar. Und Teilzeit dauert viel zu lange: 6 Jahre bis zum Bachelor.

    Warum ich überhaupt angefangen habe? Ich wollte unbedingt studieren.
    Nicht, um in meinem Beruf vorwärts zu kommen. Noch nicht, um einen anderen Beruf zu erlernen. Einfach um zu studieren. Ich konnte mir nicht vorstellen, ein Vollzeit Studium quasi in meiner Freizeit zu absolvieren.
    Also Teilzeit. Gut, dass es so etwas gibt. Gut, dass es die FernUni gibt.

    Nur schade, dass ich nicht für drei Jahre „aussteigen“ und zu Ende studieren kann. Wer sollte das finanzieren? Sicher nicht die „Allgemeinheit“.

    Du hast recht, alles nachdenken zu dem Thema (wie zu einigen anderen) führt mich letztlich zum BGE. Oder zu dem Kunststück, jedem ein menschenwürdiges Dasein auch ohne Erwerbs Arbeit zu garantieren, ohne die „leistungsträger“ wie derzeit zu schröpfen.
    Bürokratieabbau, auch bei der „Arbeit“-vermittlung könnte hilfreich sein. Warum Leute mit aller Macht zwingen, die ohnehin zu alt sind (in den Augen des Marktes) oder gar nicht arbeiten wollen?

    Ohne lebenslanges Lernen wird dieses Land erst erstarren und dann untergehen, was schade wäre, denn soviel echte Demokratien gibt’s ja nun auch nicht.

    Viel Erfolg bei deinem Projekt mit den Bildungsbiografien, kannst meine gerne verwenden!

    Eigentlich ist fast alles falsch an unserem „Bildungs“-system, das fängt bei meinem Kind in der schule an und hört bei dem Teilzeit-Bachelor auf…

    Herzliche Grüße, Patrick

  • Bettina

    Liebe Sabine,

    vielen Dank für deinen Artikel im „Sprachrohr“, in dem ich meine Situation wiedergefunden habe.

    Ich bin 32 Jahre alt und studiere Teilzeit Kulturwissenschaften (BA). Klar, würde ich gerne in Vollzeit studieren. Zum einen, weil ich mich dann ausschließlich auf mein Studium konzentrieren könnte und zum anderen, weil ich schneller damit fertig wäre. Aber wer bezahlt meine Miete, meine Versicherungen, meinen Lebensunterhalt?
    Ich arbeite z. Zt. noch als kaufm. Angestellte in einem kleinen Unternehmen, weil ich dort geregelte Arbeitszeiten habe und somit die Abende zum Lernen nutzen kann. Einige Kollegen wissen von meinem Studium, aber mein Arbeitgeber hätte wenig Verständnis dafür.

    Ich bin gelernte Veranstaltungskauffrau und studiere, um größere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben und um in den Bereich arbeiten zu können, der mir Freude macht. Denn ich gehe davon aus, dass ich wahrscheinlich bis zu meinem 70. Lebensjahr arbeiten muss.
    Ich denke, die Zeit hat sich gewandelt und der Werdegang, der lange in unserer Gesellschaft vorherrschte:

    Schule, Ausbildung/Studium, evtl. Weiterbildung und in einem Unternehmen/in einem Beruf 30 oder 40 Jahre tätig sein gibt es kaum noch.

    Mein Studium macht mir Spaß, aber ich muss einige Abstriche, gerade im Privatleben, machen. Damit stosse ich auch nicht immer auf Verständnis. Ich habe allerdings Bekannte, die auch zu den „spätberufenen“ Studenten gehören. Eine von ihnen hat sich für einen ganz anderen beruflichen Weg entschieden. Für ihr Studium hatte sie dabei den Rückhalt ihres Mannes. Dadurch war es ihr möglich Vollzeit zu studieren und ist nun so gut wie fertig.
    Wer nicht von der Familie in dem Umfang unterstützt werden kann und die 30 überschritten hat, dem bleibt nichts anderes übrig als Teilzeit zu studieren.
    Mein Ziel ist es das Studium gut, aber in weniger als 6 Jahren abzuschließen. Dafür werde ich weitere Einschränkungen in Kauf nehmen.

    Nach meiner Meinung sollte das System flexibler werden, da es immer mehr Menschen um die 30 oder älter gibt, die sich beruflich umorientieren (müssen) oder weiterentwickeln wollen. Man sollte nicht nur die Möglichkeit schaffen, sondern auch Unterstützung dafür bieten. Der zweite oder dritte Bildungsweg sollte nicht an einer Zahl, dem Alter, festgemacht sein, sondern an dem Nutzen auch für die Gesellschaft.

    Viele Grüße

    Bettina

  • Angie Wallen-Lundy

    Hallo, Sabine,

    mit Freude habe ich deinen Artikel gelesen und möchte ihn natürlich nicht unkommentiert lassen.

    Ich – 54 Jahre, vier erwachsene Kinder – habe Bildung immer als Selbstzweck verstanden und dies auch an die Kinder weitergegeben. Ich wollte ihnen vermitteln, dass Bildung Spaß macht, sich vielleicht nicht in Heller und Pfennig auszahlt, aber immer die Persönlichkeit bereichert.

    Sicher ist die Entscheidung, ein Studium aufzunehmen, sich voll diesem Studium zu widmen, in wirtschaftlich schlechteren Situationen definitiv eine Geldfrage. Ich denke dabei insbesondere an ältere Langzeitarbeitslose, die Hartz IV beziehen und vielleicht gerne studieren würden, es aber nicht bezahlen können. In solchen Fällen muss allerdings auch die Motivation überdacht werden, denn wenn man/frau über 50 ist, kann man sein mühsam erarbeitetes Studium eben nicht mehr in Geld umsetzen. Hier kann ein Studium lediglich der persönlichen Weiterentwicklung sowie der Freude an Bildung Rechnung tragen.

    Ich studiere Bildungswissenschaft in Teilzeit (Probestudium), das kommende Semester ist mein drittes – also absoluter Grünling!
    Hochschulunerfahren bin ich allerdings nicht, da ich mein Studium im Jahr 1984 aufgrund mangelnder Geldmittel aufgeben musste. War allerdings kein Problem, die Karriere habe ich dennoch machen können. Dieses neue Studium ist mein persönliches Hobby, das Ergebnis einer ganz und gar verrückten Wette, und es macht einfach nur Laune (zumal auch unser jüngster Sohn im April diesen Jahres ausgezogen ist und die Zeit mit sinnvollen Inhalten gefüllt werden muss).

    Von der Politik würde ich mir mehr Unterstützung für Bildungswillige wünschen, bessere Informationen, natürlich keine Studiengebühren, Volkshochschulen mit bezahlbaren Angeboten auch für Sozialhilfeempfänger, mehr Motivation in den Grundschulen für das lebenslange Lernen (unsere Deutschlehrerin im Jahr 1968 hat das lebenslange Lernen für unseren Lebensverlauf prophezeit – und keine von uns hat ihr geglaubt, denn die Regel war: Hauptschule, Lehre, lebenslang im Beruf). Es wäre auch wünschenswert, die zukünftigen Eltern besser darauf vorzubereiten, wie sie ihren Kindern Bildungsinhalte vermitteln, die Betonung sollte auf „Freude an Bildung“ liegen und nicht „dröger Schulstoff“.

    So, das war viel! Wenn du noch Fragen hast, beantworte ich die gerne.

    Liebe Grüße
    Angie

  • Jochen

    Hallo Sabine,

    ich bin Teilzeitstudent und eingeschrieben für Bachelor of Laws.

    Meine Motivation ist: Das ich erst in den letzten Jahren den Wunsch verspürt habe einen akademischen Grad zu erwerben. Mit 38 Jahren ist es zu spät anzufangen, um mit dem Studium noch Karriere zu machen, aber ich mache es für mich. Ich interessiere mich für Recht, weil ich darüber wenig weiß, aber im Alltag damit ständig konfrontiert bin. Wir leben nun mal in einem Rechtsstaat.

    Ich fange mit dem Bachelor an, aber wenn’s nicht klappt, sattle ich um auf Akademiestudent und picke mir die Kurse raus, die ich studieren will. Aber erst mal will ich „regulär“ studieren, weil man damit einen akademischen Grad erwerben kann, das ist wohl als Akademiestudent nicht möglich, wenn ich die Unterlagen richtig gelesen habe.

    Ich habe von der Fernuni schon im Alter von 20 Jahren gehört, aber damals waren mir Partys, Freunde, Hobbys wichtiger. Mit dem Euro kam dann der Wunsch mehr Geld zu verdienen, aber dann bin ich krank geworden und die Karriere war vorbei bevor sie begonnen hat.

    Jetzt ist es ein sinnvolles Hobby. Als Akademiker bist du in unserer Gesellschaft höher angesehen, man steigert damit seinen Status.

    Schönen Gruß

    Jochen

  • Sabine

    Lieber Jochen,
    vielen Dank für Dein interessantes Feedback zu meinem Artikel im Sprachrohr! Und gleich vorab: Wieso ist es mit 38 zu spät, damit Karriere zu machen? Ich bin jetzt 45, schreibe dieses Semester meine Bachelorarbeit, mache mit dem Master weiter, werde dann promovieren und habe durchaus vor, daraus noch eine Berufung für die folgenden 20 – 30 Jahre zu machen 
    Ich bin gespannt, ob sich Deine Einstellung zum „Hobby“ bei fortschreitendem Studium ändert, ich könnte mir das gut vorstellen  – ich würde mich freuen, wenn Du mich auf dem Laufenden hältst und drücke Dir beide Daumen!

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